Dienstag, 26. Mai 2020

Zukunft - Die Erweiterung der Europäischen Union

Aufgrund der Corona-Krise sind viele drängende Themen in den Hintergrund gerückt. In den nächsten Beiträgen sollen diese behandelt werden. Zunächst geht es um die Frage der Erweiterung.

Sechs Westbalkan-Staaten klopfen an die Türe

Während es bei der öffentlichen Debatte häufig um die Türkei geht, werden die sechs Staaten auf dem Westbalkan nur wenig beachtet. Dabei ist eine Frage, die bei der Türkei immer wieder angebracht wird – eindeutig zu beantworten: Albanien, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien, Bosnien-Herzegowina und der Kosovo liegen in Europa – und sind damit potentielle Mitgliedsländer. Der Weg dorthin ist aber weit.

Die Kopenhagener Kriterien

1997 einigte sich der Europäische Rat auf Kriterien, die alle Staaten erfüllen müssen, die der EU beitreten wollen:
  • Das "politische Kriterium": Institutionelle Stabilität, demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten.
  • Das "wirtschaftliche Kriterium": Eine funktionsfähige Marktwirtschaft und die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck innerhalb des EU-Binnenmarktes standzuhalten.
  • Das "Acquis-Kriterium": Die Fähigkeit, sich die aus einer EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen und Ziele zu eigen zu machen und den "gemeinschaftlichen Besitzstandes" (Acquis communautaire) zu übernehmen.
  • Aufnahmefähigkeit der EU: Ein weiteres Kriterium ist nicht von den Kandidaten erfüllbar - die EU muss aufnahmefähig sein.

Wirtschaftliche, politische und strategische Überlegungen

Allein der letzte Punkt muss in Frage gestellt, dennoch ist die Annäherung von großer Bedeutung. Die Kommission verweist neben den wirtschaftlichen und politischen Argumenten auch ausdrücklich auf strategische Überlegungen. Motto: Wenn wir uns nicht um die Westbalkan-Staaten kümmern – die Russen und Chinesen werden es tun.

Die Verhandlungen

Der Status der Länder ist sehr unterschiedlich. Die Verhandlungen mit Serbien und Montenegro haben begonnen, kommen aber nur schleppend voran. Albanien und Nordmazedonien haben den Kandidatenstatus, Bosnien-Herzegowina und Kosovo gelten bisher nur als „potentielle Kandidaten“.

Weitere Informationen

Landeszentrale für politische Bildung: Broschüre über bisherige Erweiterungen 
Europäische Union: Erweiterung und der aktuellen Status der Beitrittskandidaten
Tagesschau: über die EU-Kandidaten

Samstag, 2. Mai 2020

Das europäische Corona-Rettungspaket

Im Gegensatz zum gigantischen deutschen Rettungspaket des Bundes , das innerhalb weniger Tage beschlossen wurde, war die Einigung eine schwere Geburt.

Kredite, Bürgschaften und der Euro-Rettungsschirm

Relativ unstrittig war das Rettungspaket, auf das sich die Finanzminister bereits Anfang April geeinigt hatten: 
  • Die Europäische Investitionsbank wird durch Bürgschaften bis zu 200 Milliarden Euro an zusätzlichen Krediten für Mittelständler ermöglichen.
  • Die EU-Kommission will zudem die Kurzarbeitergeld-Systeme der Staaten mit bis zu 100 Milliarden Euro unterstützen.
  • Der Euro-Rettungsschirm ESM soll Staaten mit der Gemeinschaftswährung vorsorgliche Kreditlinien in einem Umfang von bis zu 340 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.

Heftiger Streit um Corona-Bonds

Die Idee war, dass Mitgliedstaaten gemeinsam Kredite aufnehmen. Da Deutschland aufgrund seiner guten Bonität im Moment fast nichts für Kredite zahlen muss, die betroffenen Länder aber deutlich mehr, wären die Krediten für Spanien, Italien und andere billiger – und für Deutschland eben teurer.
Anders als bei den während der Finanzkrise diskutierten Euro-Bonds ginge es diesem Fall um eine klar definierte Aufgabe der Zukunft – den Wiederaufbau der Länder.
Zu den Befürwortern gehört unter anderem auch der Direktor des arbeitgebernahmen Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. Der erbitterte Streit zeigte die tiefe Spaltung und die verbreiteten Vorurteile auf beiden Seiten.

Wiederaufbaufonds als Kompromiss

Die Staats- und Regierungschefs haben sich nun darauf geeinigt, die Finanzierung der Rettung über den Haushalt sicherzustellen. Es steht ohnehin die Entscheidung über den mehrjährigen Finanzrah-mens 2021-27 an, durch höhere Beiträge der EU-Staaten sollen nun die Hilfen finanziert werden. Über Garantien soll die Kommission auch Schulden machen können. Die Kommission wird einen Vorschlag vorlegen über die Höhe und Art der Hilfen.